Bericht von unserem Albanien-Projekt
Liebe Spenderinnen und Spender, Freunde und Freundinnen unserer Arbeit hier in Fushë-Arrëz,
viel ist geschehen in diesem zurückliegenden Jahr, nicht nur hier in Fushë-Arrëz, sondern auch weltweit .Weltweit sind Menschen in Sorge um ihr Leben und um ihre Zukunft. Im Großen und im Kleinen gibt es vieles ,was uns Sorgen macht und beunruhigt. Und meist können wir als Einzelne nicht viel tun, sondern werden von der jeweiligen politischen Lage überrollt oder fühlen uns machtlos! Anders hier in Fushë-Arrëz und Umgebung .Auch hier gibt es immer noch vieles, was beunruhigt, das Leben schwer macht und wo die Menschen von der Politik des Landes alleingelassen werden – besonders im Gesundheitsbereich. Aber hier sind wir mit unserer Missionsstation mittendrin und können, Dank Ihrer/ Eurer Unterstützung im Kleinen viel helfen! Und so gibt es auch wieder so einiges aus der Ambulanz unserer Missionsstation und über unsere Arbeit hier zu berichten – trauriges, aber auch erfreuliches! In diesem Jahr habe ich mit auffällig vielen Patienten mit offenen Krebsgeschwüren zu tun. Daneben gibt es wie immer viele Druckgeschwüre (Dekubiti), welche oft in den Krankenhäusern durch fehlende Pflege entstehen und die ich dann „ausbaden“ darf. Dabei geht viel Material drauf, von dem ich oft zu wenig habe und deshalb leider auch immer wieder, so schwierig das ist, Patienten abweisen muß.
Viele junge Patienten mit neuro-muskulären Erkrankungen sowie einige junge Männer mit Querschnittslähmung nach (Arbeits-) Unfällen sind in diesem Jahr
dazugekommen.
Für Paolo, einen 18-jährigen Jungen mit voranschreitender, zum Tode führender
neuromuskulärer Erkrankung konnte ich einige Sponsoren für einen
rollstuhlgeeigneten Aufzug finden. Der Aufzug wird gerade jetzt, wo ich diese
Zeilen schreibe, gute 200 m Luftlinie von meinem Schreibtisch aus montiert.
Paolo wird so die ihm verbleibenden Jahre möglichst selbstbestimmt am Leben
außerhalb seiner Wohnung teilhaben können. Ihn begleite ich in Gesundheitsfragen, aber besonders auch psychologisch, da es für einen Jungen in
seinem Alter eine Herausforderung ist, mit dem Bewußtsein, in ein paar Jahren
zu sterben, ein relativ normales Leben zu führen und sich psychisch nicht von
der Krankheit zu sehr bestimmen zu lassen.

Ein anderer neuro-muskulärer „Fall“ ist Emra. Er ist 16 Jahre alt und hat eine sehr schwere Skoliose (Wirbelsäulenverkrümmung) Die Ärzte sagen, er müsse dringend operiert werden, da er mittlerweile Probleme mit den Organen bekommt. Mittlerweile kann er immer schwieriger laufen und auch Atemprobleme setzen ein. Die OP kann in Albanien nicht gemacht werden. In der Türkei gäbe es eine Möglichkeit, aber die Familie ist so arm, dass sie die Kosten von 26.000,- € nicht aufbringen können. Und auch wir haben leider im Moment keinerlei Möglichkeiten. Wir wissen zur Zeit nicht, wie es weitergehen soll. Hier endet dann oft das Pflegerische und beginnt für mich die Seelsorge. In diesen Momenten bin ich dankbar, daß Leib- und Seelsorge Hand in Hand gehen und daß ich einen Glauben habe, der Hoffnung gibt und nicht verzweifeln läßt.
Kastriot Qehaja, dem Krankenpfleger in der abgelegenen Bergregion des Tropoja im Norden Albaniens, mit dem ich seit nun fast drei Jahren zusammenarbeite, konnten wir mit Hilfe eines Rotary-Clubs aus Münster einen Geländewagen zukommen lassen. So muß er nun nicht mehr unter großem Zeitaufwand seine Patienten zu Fuß aufsuchen, sondern kann häufigere Krankenbesuche machen und auch in weiter entlegenen Regionen die Patienten optimaler versorgen. Eine der ärmsten Familien in dieser Region des Tropoja, die ich kenne und die ich nun schon, zusammen mit Kastriot Qehaja, seit zwei Jahren als Krankenpfleger begleite, geht mir besonders nahe: Der Frau des Hauses geht es nun nach längerer Zeit gezielter therapeutischer Maßnahmen mit ihrer schweren Osteoporose wieder etwas besser. Wir dachten, daß der Mann nun nach zwei Jahren ohne Alkohol auf dem Weg der Besserung ist und sich so auch die Situation des 16-jährigen Sohnes verbessert. Die Freude wurde aber abrupt getrübt, als wir erfuhren, dass der Mann ein kleinzelliges Lungenkarzinom diagnostiziert bekam, das innerhalb der nächsten sechs Monate zum Tode führen wird.
Die Sorgen reißen nicht ab Aber es gibt auch schöne Momente in der Arbeit als Krankenpfleger, für die ich sehr dankbar bin.
Vielen Patienten können wir mit den Medikamentenspenden und mit den Materialien, die uns über Hilfsorganisationen erreichen oder die wir Dank der Spenden kaufen können, Linderung und Heilung ermöglichen.

Auch konnten wir viele Materialien weitergeben an die oft völlig unterversorgten Gesundheitszentren unserer Region. Auf dem Bild ist das Team der Krankenschwestern des Gesundheitszentrums von Bardhet zu sehen, welche Verbandmaterialien von uns bekommen haben. Eine große Freude hat mir ein guter Bekannter bereitet. Er hat uns letztes Jahr hier in Albanien besucht und ich habe ihm unsere Schwierigkeiten wegen der häufigen Stromausfälle bezüglich der medizinischen Geräte wie Sauerstoffgerät, Wechseldruckmatratze etc. erläutert. Aber auch das Problem mit den hohen Temperaturen und dem Medikamententransport im Sommer. Daraufhin haben wir die Idee entwickelt, mobile „Akkus“ zu bauen, die sowohl in die Häuser verbracht werden können, als auch einen „Akku“ für den Medikamentenkühlschrank in meinem Land Rover.
Ein sehr schönes Erlebnis sind immer die diözesanen Treffen mit den Menschen mit Behinderung und den Kranken. In diesem Jahr gab es albanienweit ein Treffen zum Jubiläumsjahr der katholischen Kirche, welches den Titel „Pilger der Hoffnung“ trägt.
In Rreshen trafen sich aus ganz Albanien ca. 800 Menschen mit Behinderung, begegneten einander bei Tanz und Musik und feierten zusammen die Heilige Messe. Erfreulich war, dass unsere Diözese Sapa am stärksten vertreten war.

Ich bin wirklich stolz darauf, dass unser Bischof, Simon Kulli, persönlich so viel Wert darauf legt, dass wir mit den Menschen mit Behinderung, aber auch den armen unserer Diözese, den Familien und auch Jugendlichen so viele Aktivitäten haben. Eine kleine und wirklich arme Diözese, die super aufgestellt ist und die christliche Nächstenliebe tatkräftig versucht von Tag zu Tag umzusetzen! Unsere diözesane Caritas ist albanienweit am besten aufgestellt, auch was die Versorgung der Kranken mit Hilfsgütern angeht.

Die Caritas organisiert jedes Jahr im Sommer für die Menschen mit Behinderung drei Ausflüge an den Strand von Rrjoll. Es ist immer eine große Freude, zu sehen, wieviel Spaß die Kranken, aber besonders auch die vielen jungen ehrenamtlichen Helfer:innen an diesen Tagen haben.
In diesem Jahr waren auch wieder zwei Praktikanten vom Berufskolleg Liebfrauenschule Coesfeld bei uns, um praktische
Erfahrungen zu sammeln. Für einen guten Monat waren Paul
und Felix bei uns und haben einen Einblick in die Arbeit auf der
Missionsstation, aber schwerpunktmäßig der Ambulanz
bekommen. Auch Lena, eine ehemalige Schülerin des
Berufskollegs hat ihren Weg für einen Monat zu uns gefunden und mitgearbeitet.
Die Ambulanz der Missionsstation ist für den allgemeinen „Publikumsverkehr“, Medikamentenausgabe, Sprechstunde bei Dr. Nikolin Bardhoku, Ausgabe von Inkontinenzschutzmaterialien und Visite Behandlung bei
mir bzw. durch mich, Dienstags von 09.00 – 11.30 Uhr
geöffnet. An diesem Vormittag kommt es in Spitzenzeiten
durchaus vor, dass
zwischen 50 und 60 Patienten kommen. Große Hilfe leisten bei dieser Arbeit Zef Cara, ein
ehrenamtlich mitarbeitender Krankenpfleger aus Fushë-Arrëz und Sr. Tereza Ferra, eine Stigmatine, die jeden
Montag zu uns kommt und bis Mittwoch bleibt, um zu helfen.
Mehr zu unserer Tätigkeit wie immer auf der Homepage www.ambulanz-albanien.org
Ihnen allen sage ich ein herzliches Vergelt´s Gott für die großartige Unterstützung!
Br. Jeremias OFMCap










